FV PK Sonnberg/Zumberk e. V.
Kopf

 

Žumberk/Sonnberg

Ritter Pausar von Michnitz - Herr der Feste Sonnberg von 1549 bis 1600

 

Grabbild Pauzar v. Michnicz

 

 

 

Epitaph des Ritters Heinrich Pausar von Michnitz
in der Pfarrkirche St. Johannes d. T. in Sonnberg

In der Sakristei der altehrwürdigen Sonnberger Pfarrkirche aus dem 15. Jahrhundert konnte man bis ca. 1975 ein wertvolles Epitaph des Ritters Pausar von Michnitz aus dem 16. Jahrhundert bewundern (siehe Titel). Heute wird es in der Feste Sonnberg, heute Zweigstelle des Südböhmischen Museums Budweis, verwahrt.

Dieses Grabbild, lt. Aufschrift auf 15.. datiert, wird bereits in der Topographie von Anton Cechner, 1929, abgebildet und wie folgt beschrieben: “Epitaph. 95 x 105 cm, auf Lindenholz gemalt. Inmitten einer Landschaft kniet ein Ritter mit Plattenharnisch mit gefalteten Händen vor einem Kruzifix. Rechts vom Ritter ein Pferd, links ein Engel und ein Helm; neben dem Kruzifix ein Skelett. In der linken Ecke die Aufschrift:“


Pausar v. Michnitz

 

 


Neuere Aufnahmen (Verfasser, 1978) zeigen die Aufschrift verändert:

Grabbild-Inschrift

Des Rätsels Lösung: Um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts wurde das Bild restauriert und der ursprüngliche Text wieder hergestellt.

 

Dr. Tomáš Sterneck, Budweiser Historiker, ist der Meinung, dass das Bild in der Barockzeit übermalt wurde, weil H. v. Michnicz das Bild bereits in vivo (zu Lebzeiten) malen und mit der ursprünglichen Aufschrift und der Jahreszahl 15.. versehen ließ. Er selber nahm wohl an, dass er noch vor 1600 sterben würde und die Jahreszahl 15.. nach seinem Tode vervollständigt werden sollte. Er starb jedoch erst 1600.
Was die historische Gestalt Pausars von Michnitz betrifft, so war er der vorletzte Besitzer Sonnbergs aus dem weitverzweigten Geschlecht derer von Michnitz und der anverwandten Familien, bevor Sonnberg 1602 an Peter Wok von Rosenberg verkauft wurde, der das Gut 1610 an Hock von Zweibrücken abtrat. Diesem wiederum wurde das Gut 1618 gerichtlich abgesprochen und anschließend der Herrschaft Gratzen einverleibt. Aber das ist eine andere Geschichte, über die an dieser Stelle einander mal berichtet werden soll.
Den nachfolgenden Beitrag über die zentrale Figur des Epitaphs verdanken wir dem vorgenannten Budweiser Historiker Dr. Sterneck aus Budweis, welcher im Rahmen einer geplanten epigraphischen Edition in Sonnberg forscht und uns freundlicherweise diesen Beitrag und die Bild-Reproduktionen des Tafelbildes zur Verfügung gestellt hat.

© Ernst Wohlschläger


Der Sonnberger Ritter Heinrich Pausar von Michnitz

Das Tafelbild, dessen Reproduktionen hier gezeigt werden, gehört zu den ältesten erhaltenen Kunstdenkmälern im südböhmischen Dorfe Sonnberg. Derzeit wird es in den Räumen der dortigen Feste aufbewahrt, ursprünglich befand es sich jedoch in der Sonnberger Pfarrkirche. Es handelt sich hier um ein Votivbild, um ein Epitaph, gemalt auf Lindenholz in der Größe 95 x 105 cm, das früher an der Kirchenwand hing, in unmittelbarer Nähe der Grabstätte, die durch dieses Gemälde ergänzt und geschmückt werden sollte. Bis zum heutigen Tag blieb auch die alte Grabplatte erhalten, die die Grabstelle des Verstorbenen abdeckte. Der Grabstein ist zwar immer noch in der Kirche zu sehen, aber auch er befindet sich nicht mehr an seinem ursprünglichen Ort. Im Laufe der Jahrhunderte arg gelitten und abgetreten wurde er in späterer Zeit, ähnlich wie andere mittelalterliche und frühneuzeitliche Denkmäler dieser Art, vom Kirchenboden aufgenommen und an der Wand befestigt.GrabsteinWer war aber der Verstorbene, an den uns die beiden Denkmäler erinnern? Im Mittelpunkt des Gemäldes sehen wir einen geharnischten Ritter, vor dem Kruzifix kniend. Den Turnierhelm hat er auf den Boden abgelegt und betet unter der Obhut des Schutzengels, der mit seiner rechten Hand den Adeligen auf den gekreuzten Christus hinweist. Dahinter scharrt sein gesatteltes treues Pferd ungeduldig mit den Hufen. Unter dem Kreuz schaut Gevatter Tod nach demjenigen aus, für den das Grab bereitet ist. Von der linken oberen Ecke des Bildes blickt der himmlische Vater auf diese Szene herab. Im Hintergrund des Bildes wird eine Landschaft dargestellt. Eine reale Darstellung konkreter Wiesen, Wälder, Gewässer, Berge und Siedlungen werden wir hier nicht finden. Doch scheint es tatsächlich so, als wenn die linke Hälfte des Panoramas uns an eine bestimmte Landschaft erinnern würde -  an den Besitz, der dem knienden Ritter gehörte.

Grabstein des Heinrich Pausar v. Michnitz in der Kirche in Sonnberg/Žumberk

 

Betrachten wir jetzt die Aufschrift in der rechten unteren Ecke des Epitaphs. Im damaligen Tschechisch, das dem heutigen tschechischsprachigen Leser vor allem durch die ungewohnte altertümliche Orthographie Schwierigkeiten macht, wird hier Folgendes mitgeteilt: „Hier liegt der wohlgebohrene und mutige Ritter Herr Heinrich Pausar von Michnitz und auf Sonnberg begraben. Er ist im Jahre des Herrn 15[..], den [..] des Monats [.......], gestorben. Lasse ihn der Herr Gott am Jüngsten Tage mit seinen Auserwählten fröhlich auferstehen.
Die Anfänge der altböhmischen Ritterfamilie der Pausar von Michnitz (tschechisch Pouzar z Michnic) liegen im Dunkel der Jahrhunderte verborgen. Doch einige Quellenberichte, durch heraldische Analogien unterstützt, geben uns Aufschluss über den Ursprung der Familie. Die Pausars wurden als Geschlecht eigenständig, als sie sich im 15. Jahrhundert von dem südböhmischen Geschlecht der Ritter von Doudleby (von Teindles) abzweigten. Dessen Hauptlinie wurden die späteren Doudlebskýs von Doudleby. An der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert setzte sich auch die endgültige Form des Wappens der Ritter von Doudleby durch - der obere Teil eines geharnischten Ritters (vom Gürtel aufwärts) im blauen Schild. Das Wappen der Ritter von Michnitz, auch zu dieser Zeit manifestiert, unterschied sich von dem ihrer Verwandten nur durch die rote Schildfarbe.Schild
Aber bereits gegen Mitte des 15. Jahrhunderts wird als Besitzer des Dorfes Michnitz samt Meierhof (südwestlich von Kaplitz gelegen) sowie anderer Güter ein Erasim von Michnitz erwähnt, der Vorfahr aller späteren Pausars von Michnitz. Der Familienname Pausar setzte sich erst Anfang des 16. Jahrhunderts durch. Erasim von Michnitz war bei den Herren von Rosenberg bedienstet, wo er unter anderem nacheinander das Burggrafenamt auf Maidstein, auf Welleschin und Gratzen innehatte.
 Auch die folgenden Generationen der Pausars machten sich in der Domänenverwaltung der Rosenbergischen Güter nützlich. Auf diese Weise konnten sie in den Kreis der adeligen Familien aufsteigen und sich behaupten, welche zielbewusst die Partnerschaft mit dem mächtigen südböhmischen Magnatengeschlecht der Rosenberger zum beiderseitigen Nutzen pflegten.
Den Rittern von Michnitz gelang es allmählich, ihren Besitz durch Ankäufe und Erbschaften weiterer Güter der Landtafel wesentlich zu vergrößern. Eine umfangreiche Besitzung im Gratzner Gebiet erwarben vor der Mitte des 16. Jahrhunderts die Enkel des oben erwähnten Erasim: Ulrich Pausar († 1545), der in den zwanziger Jahren das Burggrafenamt in Gratzen und bei seinem Ableben sogar einen nicht näher bekannten Posten auf der Prager Burg innehatte und sein Bruder Wolf Pausar († vor 1549). Ihr Besitztum umfasste in dieser Region eine Reihe von Dörfern oder Teile davon. Ulrich besaß unter anderem das älteste Familiengut in Michnitz, vor allem aber die Festungen Zuckenstein, Zweiendorf und Elexnitz. Wolf gehörten neben anderen Liegenschaften die Festungen in Sonnberg und Chwalkahof. Da Wolf keine eigenen Kinder hatte, erbten Ulrichs Nachkommen alle Besitztümer der beiden Brüder und teilten sich die Güter im Jahre 1549 untereinander auf. In der Urkunde, mit der am 15. September 1549 die Besitzteilung bekräftigt wurde, wird das erste Mal Heinrich Pausar als ein Mitglied einer neuen Generation der Ritter von Michnitz erwähnt. Vom väterlichen Erbe und vom Besitz des Onkels bekam er Sonnberg, Chwalkahof und Michnitz übertragen. Diese Güter behielt er bis zu seinem Tode.
Dieses Pausarsche Sonnberg mit seiner Befestigungsanlage und mit dem relativ überdimensioniert dargestellten Stausee (dieser wurde an der Wende vom zweiten zum dritten Millenium erneuert) ist höchstwahrscheinlich im Hintergrund des Epitaphs links vom knienden Ritter abgebildet.
Heinrich Pausar von Michnitz konnte sich als Mitglied des südböhmischen niederen Adels über eine verhältnismäßig gut abgesicherte Existenz freuen. In seiner Steuererklärung aus dem Jahre 1557 gab er seinen eigenen Besitz mit einem Wert von 1750 Schock Groschen an, während der seiner Untertanen einen Wert von 175 Schock hätte. Außer der Tatsache, dass (schon) damals praktisch alle Steuerpflichtigen es mit der Steuerehrlichkeit nicht so genau nahmen, müssen wir annehmen, dass die herrschaftlichen Besitztümer in Wirklichkeit meistens wesentlich größer waren. Unter dem niederen Adel des Bechiner Kreises war die Steuererklärung des Heinrich weit über dem Durchschnitt und deshalb kann unser Ritter zweifelsohne zu den wohlhabenden Rittern gezählt werden.
Seine Aktivitäten beschränkten sich allerdings nicht nur auf die Bewirtschaftung der eigenen Landgüter. Der Familientradition entsprechend betätigte er sich auch bei den Rosenbergern, jedoch nicht als ein Verwaltungsbeamter, sondern als Höfling am Rosenbergischen Hof. Zu Beginn seiner Karriere konnte er sicher vom Wissen und den wertvollen Erfahrungen seines Vaters profitieren, dessen Wirken in Prag bereits erwähnt wurde. Ohne Zweifel wird er sich aber vor allem Dank seiner eigenen Fähigkeiten bald in die Elite des Rosenbergischen Hofstaats eingereiht haben. Solchermaßen privilegiert nahm er Anfang 1562 mit vier Pferden an der Reise des Peter Wok von Rosenberg nach Lübben an der Grenzscheide zwischen Unterlausitz und Brandenburg teil, von wo die böhmischen Adeligen die Fürstin Sophia von Brandenburg – die vordem mit Wilhelm von Rosenberg, dem Herrscher des Hauses der fünfblättrigen Rose, per „Ferntrauung“ vermählt worden war – nach Südböhmen begleiteten. Die politischen Ambitionen des Heinrich Pausar reichten aber höher. Ab dem 23. April 1575 hatte er als Vertreter des Ritterstandes über zehn Jahre die Haptmannschaft des Bechiner Kreises inne. In jedem Kreis Böhmens waren damals zwei Kreishauptleute: neben dem Mitglied des niederen Adels gab es dort auch je einen Repräsentanten des Herrenstandes. Zum Partner des Heinrich Pausar wurde kein Geringerer als Peter Wok von Rosenberg ernannt. Aus dem Jahre 1577 sind ebenso Quellen belegt, dass unser Ritter an den Trauerfeierlichkeiten beim Begräbnis Kaiser Maximilians II. in Prag teilnahm.
Mit den Rosenbergern blieb er weiterhin in enger Beziehung. Dem Peter Wok, der im Jahre 1592 (letztes) Oberhaupt der Familie von Rosenberg wurde, half er wiederholt aus finanziellen Engpässen.Siegel


Das Privatleben eines Ritters in der gesellschaftlichen Stellung des Heinrich Pausar von Michnitz kann man sich ohne Gattin kaum vorstellen. Neben persönlichen Beweggründen war es für einen Adeligen, der in befriedigenden Besitzverhältnissen lebte, geradezu eine Verpflichtung, eine Familie zu gründen und damit die Zukunft des eigenen Geschlechts zu sichern. Durch eine Eheschließung bzw. Familiengründung sollte in erster Linie die formale Bedingung für legitime Erben erfüllt werden. Außereheliche Kinder der Adeligen dagegen – obwohl sie oft nicht verheimlicht wurden – waren illegitime Sprösslinge, damit nichtadeliger Abstammung und als solche nicht erbberechtigt. Die Wahl eines Partners (einer Lebensgefährtin) wurde zugleich von der üblichen Heiratspolitik begleitet, deren Hauptziele die Stärkung der Besitz- und gesellschaftlichen Positionen des Geschlechts waren.
Erstaunlicherweise wird aber in den Dokumenten über eine Ehefrau des Heinrich Pausar nichts berichtet. Es kann also wohl nicht ausgeschlossen werden, dass der Ritter trotz aller gesellschaftlichen Konventionen doch ledig blieb. Übrigens war dies bei seinem weit entfernten Verwandten, dem berühmten Krummauer Hauptmann Peter Doudlebský von Doudleby († 1550) nachweislich der Fall, der zwar sein ganzes Leben dem Dienste bei den Herren von Rosenberg weihte, aber auch sehr  erfolgreich in privaten Finanzgeschäften tätig war, durch die er seinen Besitz zu vervielfältigen wusste.
Bei Heinrich Pausar ist jedoch die Frage, ob er verheiratet war, anhand der nur fragmentarisch erhaltenen Quellen kaum abschließend zu beurteilen. Falls doch, müsste seine Gattin früher als er verstorben sein, weil sie in seinem Testament keine Berücksichtigung findet. Ebenso wenig werden dort legitime Nachkommen unseres Ritters erwähnt.
Heinrich Pausar von Michnitz hatte zwar keine ehelichen Kinder, die, von adeliger Geburt, seine landtäflichen Güter hätten erben können; aber kinderlos blieb der Sonnberger Ritter trotzdem nicht. Mit Agnes Severýnová, von plebejischer Herkunft und damit absolut nicht standesgemäß, unterhielt er ein dauerhaftes außereheliches Liebesverhältnis. Seine Geliebte war wahrscheinlich ursprünglich eine Untertanin auf Pausars Herrschaft. Anfangs arbeitete sie als Dienstmädchen in der Sonnberger Feste, jedoch spätestens ab 1586 lebte sie dauerhaft in der königlichen Stadt Budweis. Dort nämlich kaufte unser Ritter von der Bürgerin Brigitte Reychenauer für 700 Schock Groschen ein Haus von wunderschöner Bauart, an der Ecke des Marktplatzes gegenüber der Stadtpfarrkirche St. Nikolaus (die spätere Nr. 253) gelegen. Zu dieser Zeit hatte Agnes mit Heinrich schon mehrere Kinder. Der Ritter aus Sonnberg kam regelmäßig nach Budweis zu seiner Geliebten, seinen drei Söhnen und seiner Tochter und kümmerte sich umsichtig um deren Versorgung. Das Haus am Marktplatz war nach dem Ankauf als Besitz des Heinrich Pausar in den Stadtbüchern beurkundet. Im Jahre 1594 schenkte es der älter werdende Ritter seinem ältesten Sohne und ließ es ihm auch behördlich zuschreiben. Dieser Nachkomme des Ritters von Michnitz, ein Träger des in der Familie seiner adeligen Vorfahren üblichen Vornamens Erasim, musste sich bei der Übertragung dafür verbürgen, dass im überlassenen Gebäude seine Mutter Agnes, sowie die Schwester Judith auf Lebenszeit wohnen können. Weiter musste er versprechen, dass seine Brüder Johann und Joachim, denen der Vater damals einige bewegliche Güter übereignete, von ihm eine Jahresrente von je 60 Schock beziehen werden. Verbrieft durch die Urkunde vom 31. März 1597 schenkte dann Pausar der Agnes Severýnová, seiner Tochter Judith und seinem Sohn Joachim einige Bauernwirtschaften in seinen Dörfern in der Nähe von Gratzen, wobei diese künftighin auch von allen Untertanenpflichten befreit sein sollten. Diese Schenkung war zwar von rechts wegen einigermaßen problematisch, nichtsdestoweniger approbierte sie 1607 der Landesherr, so dass die biologischen Nachkommen des offiziell kinderlosen Ritters trotzdem einen Teil seines adeligen Besitzes erben konnten.

Haus Die Schenkungen von 1594 und März 1597 bildeten nur einen Teil der Bestrebungen Heinrich Pausars zur Lösung der Erbschaftsfrage, die gegen Mitte der neunziger Jahre des 16. Jahrhunderts immer dringlicher wurde. Der Ritter fühlte sich allem Anschein nach bereits hinfällig – sein Geburtsjahr kennen wir leider nicht, er musste aber damals schon in die Siebzig gehen – und bereitete sich auf das eigene Ableben vor. Bereits früher hatte er sich vom Kaiser und König Rudolf II. den so genannten „Machtbrief“ ausgebeten, der ihn zur freien Verfügung über eigene Besitztümer berechtigte („frei“ natürlich nur im Rahmen der strengen Rechtsregeln der damaligen Ständegesellschaft). Am 26. Juni 1597 bestätigte Heinrich die endgültige Fassung seines Letzten Willens. Wir wissen, dass er die Festungen Sonnberg, Chwalkahof und Michnitz mit den umliegenden Dörfern, sowie andere landtäfliche Güter als Ganzes seinen Kindern nicht vermachen durfte. Er konnte sie zwar seinen Verwandten, den anderen Trägern seines adeligen Familiennamens, legieren, dies war aber nicht in seinem Sinne. Zum Haupterben ernannte er stattdessen lieber seinen Neffen – den Sohn seiner Schwester – Častolar Dlouhoveský Ritter von Dlouhá Ves (von Langendorf). Im vorgenannten Testament kommen aber wiederum auch Heinrichs Geliebte und ihre Kinder vor, allerdings ohne dass die wirkliche Beziehung dieser Personen zum Testator schriftlich erkennbar geworden wäre. Diesmal bedachte der Ritter seine Nächsten mit einer hohen Geldsumme. „Meiner Dienerin Agnes Severýnová für ihre treuen, mir über dreißig Jahre geleisteten Dienste“ – so heißt es in der auf Tschechisch verfassten Urkunde – und „ihren Kindern“ Johann, Joachim und Judith vermachte er je 1000 Schock. Neben anderen Vermächtnissen vergaß der Ritter nicht, der Sonnberger Kirche, wo er nach eigenen Worten bestattet werden wollte, 200 Schock zu legieren. Kleinere Beträge sollten auch seinem ihm ergebenen Gesinde zukommen. Anscheinend hatte Pausar prinzipiell gute Beziehungen wenigstens zu einem Teil der einfachen Landbevölkerung. Es wäre jedoch allzu vereinfachend und sicher nicht richtig, daraus den Schluss zu ziehen, dass auf seinen Gütern eine „patrimoniale Idylle“ geherrscht hätte: In seinem Testament führte Heinrich an, dass von seinem Gesinde diejenigen, welche „wegen böser Taten weggingen“, kein Geld bekommen sollten. Dessen ungeachtet war er sicher nicht die „habgierige Obrigkeit“, die die eigenen Untertanen durch unangemessene materielle Forderungen zu Unruhen und Aufständen provoziert hätte.
Höchstwahrscheinlich genau in dieser Zeit, in der Heinrich Pausar von Michnitz seinen schwierigen Nachlass regelte, entstand das erhaltene Epitaph. Die (vorgenannt übersetzte) tschechische Aufschrift in der unteren rechten Ecke des Epitaphs fällt dadurch auf, dass dort das Sterbedatum ausgelassen und von der Jahresangabe nur die zu ergänzende zweizifferige Zahl 15 angeführt wurde. Daraus geht eindeutig hervor, dass der Ritter nicht glaubte, als er das Gemälde in Auftrag gab, dass es ihm vergönnt sein würde, das Jahr 1600 noch zu erleben. Schließlich starb er jedoch genau in diesem runden Jahr – das genaue Datum ist leider nicht übermittelt. Auf dem Bild blieben die Jahres-, Monats- und Tagesangaben ohne Ergänzung und Korrektur, bis diese fragmentarische Aufschrift später in der Barockzeit übermalt wurde. Die neue wieder tschechisch formulierte, jedoch kürzere Aufschrift teilte dem Leser schlicht mit, dass der Sonnberger Herr Heinrich Pausar im Jahre 1600 gestorben sei. Dieser Text wird noch durch einige heimatkundliche Publikationen aus der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert dokumentiert. In der Mitte des 20. Jahrhunderts entdeckte man bei der Restaurierung des Bildes unter der jüngeren Schicht die ursprüngliche Aufschrift und beseitigte die Übermalung.
Über die Beziehungen der außerehelichen Kinder des Heinrich Pausar von Michnitz zu den Nachkommen der Geschwister ihres Vaters, also zu ihren adeligen Verwandten, wissen wir leider nichts. Zwar waren seine Kinder als „Bastarde“ nicht „gesellschaftsfähig“ und aus der Adelsgesellschaft kompromisslos ausgeschlossen, dank der väterlichen Fürsorge konnten sie sich jedoch im bürgerlichen Milieu von Budweis, der führenden königlichen Stadt Südböhmens, trotz aller Widerstände behaupten. So war nicht einmal ihre Aufnahme in die Stadtgemeinde selbstverständlich, denn die uneheliche Herkunft stellte auch hier ein Hindernis dar, das sie aber mit Hilfe ihres Vaters als mächtigen Fürsprecher erfolgreich überwinden konnten. Die Umstände ihrer Geburt erlaubten ihnen jedenfalls nicht, das Pausarsche Wappen geschweige denn den väterlichen Familiennamen zu tragen. Doch ist hier besonders beachtenswert, dass seine Kinder sich trotzdem bemühten, ihren verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihren adeligen Vorfahren und Verwandten über ihren Familiennamen besonderen Ausdruck zu verleihen: der Familienname, den sie in Budweis annahmen, war: Žumberský (als Sonnberger zu übersetzen).
 Schon in den neunziger Jahren wird in den lokalen Quellen nicht mehr über Johann (Žumberský) berichtet; allem Anschein nach verstarb er bereits in jungen Jahren. Demgegenüber finden wir die anderen Kinder des Ritters von Michnitz auch später noch in den städtischen Urkunden dokumentiert.
Einen ahnsehnlichen Besitzzuwachs erzielte zu Beginn des 17. Jahrhunderts Joachim Žumberský. Im Jahre 1602 kaufte er vom Ratsherrn Siegmund Prokschi für 800 Schock Groschen ein Haus in der Landstraße (Krajinská), das er fünf Jahre später mit dem Seifensieder Jiskra gegen eine noch luxuriösere Liegenschaft austauschte, die sich an der Ecke der heutigen Piaristengasse (damals Klostergasse) und der Böhmergasse befand. Bei der Transaktion hatte Joachim immerhin 215 Schock nachzuzahlen. Nachdem der älteste Sohn des Ritters von Michnitz, Erasim, gestorben war, kaufte Joachim auch das durch seinen Vater erworbene Haus gegenüber der Budweiser Pfarrkirche. Dieses wiederum kaufte ihm 1618 für 600 Schock sein Schwager der Bürger Peter Paul Kotraba ab, also der Ehemann der mittlerweile verheirateten Judith Žumberská.
Die Budweiser Quellen hören während des Dreißigjährigen Krieges definitiv auf, über die Žumberskýs zu berichten. Der Krieg brachte unter anderem auch den Zerfall der südböhmischen Besitzungen ihrer Blutsverwandten, der Pausar von Michnitz, mit sich. Als durch die Teilnahme am böhmischen Ständeaufstand 1618-1620 kompromittierte Adelige emigrierten die letzten „von Michnitz“ ins Ausland, wo das Geschlecht durch Peter, den Enkel eines Bruders des in Sonnberg begrabenen Heinrich Pausar, in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ausstarb.
Bleiben wir aber bei den Budweiser Žumberskýs. Diese waren sich ihrer Herkunft und adeligen Abstammung sehr wohl bewusst und daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass ihnen sogar ihre weitläufige Verwandtschaft mit dem damals immer noch blühenden Rittergeschlechte der Doudlebský von Doudleby bewusst und von Nutzen war. Vielleicht spielte deswegen auch folgendes eine Rolle bei der erfolgreichen Einbürgerung der Žumberskýs in Budweis: In der königlichen Stadt lebten seit der Mitte des 16. Jahrhunderts die Mitglieder einer Patrizierfamilie, deren Familienname ursprünglich Doudlebský hieß und die dadurch oft mit den Rittern von Doudleby verwechselt wurden (Quellenbelege dafür finden bereits in den ersten Jahren des 17. Jahrhunderts). Diese Patrizierfamilie krönte ihre gesellschaftlichen Ambitionen durch die Erhebung in den Adelsstand im Jahre 1620, ihre Mitglieder schrieben sich seit dem Daublebský von Sterneck.

Der Mann, dessen Gestalt wir dank des in Sonnberg erhaltenen Epitaphs kennen, war wohl im Wesentlichen ein typischer Angehöriger des böhmischen niederen Adels der Renaissancezeit. Er verwaltete seine Ritterherrschaft recht ordentlich, engagierte sich aber auch politisch und ganz im Geiste der damaligen Zeit kamen bei ihm auch die Freuden des Lebens nicht zu kurz. Er musste sich jedoch damit abfinden, dass ihm das Schicksal keine legitimen Nachkommen vergönnt hatte. Trotz aller Schwierigkeiten bemühte er sich aber mit aller Kraft um die optimale Versorgung seiner außerehelichen Kinder, keine Selbstverständlichkeit zur damaligen Zeit.
Aus dem, was wir über Heinrich Pausar von Michnitz wissen, geht hervor, dass er ein ehrenhafter Mann war, ein Adeliger, der sich einerseits seiner Abstammung entsprechend öffentlich engagierte, andererseits aber auch im Stande war, über alle ständischen und gesellschaftlichen Barrieren seiner Zeit hinweg, seinen eigenen menschlichen Weg zu gehen. Auch deswegen verdient das Epitaph unsere Aufmerksamkeit.

© Dr. Tomáš Sterneck, Budweis

Pausar v. Michnitz

Quellen und Literatur (in Auswahl):

Nationalarchiv Prag (Národní archiv Praha), Die böhmische Landtafel, insb. Sign. DZV 129, K 6-10; Staatliches Gebietsarchiv Wittingau (Státní oblastní archiv Třeboň), Fremde Familien, insb. Abteilung Registratur, Pausar von Michnitz, Nr. 3, 4; Staatliches Bezirksarchiv Budweis (Státní okresní archiv České Budějovice), Archiv der Stadt Budweis, insb. Stadtbücher, Kontraktbücher Nr. 4-6; Johann Trajer: Historisch-statistische Beschreibung der Diöcese Budweis. Budweis 1862; Antonín Rybička: Pomůcky k místo- a rodopisu domácímu: Pauzarové z Michnic. In: Památky archaeologické a místopisné 11, 1878-1881, S. 570-572; Tomáš V. Bílek: Dějiny konfiskací v Čechách po r. 1618, I-II. Praha 1882-1883; August Sedláček: Hrady, zámky a tvrze království Českého, III. Budějovsko. Praha 1884; Ders.: Pouzar z Michnic. In: Ottův Slovník naučný, Praha 1903, S. 351-352; Ders. (Hrsg. Vladimír Růžek): Atlasy erbů a pečetí české a moravské středověké šlechty, I-V. Praha 2001-2003; Martin Kolář – August Sedláček: Českomoravská heraldika, I. Část všeobecná. Praha 1902; Antonín Cechner: Soupis památek historických a uměleckých v politickém okresu Kaplickém. Praha 1921; Antonín P. Šlechta: Z pravěku do novověku, I/2. Praha 1923; Otto Placht: Odhad majetku stavů království českého z r. 1557. In: Věstník Krá­lovské české společnosti nauk, třída filosoficko-historicko-filologická 1947, Praha 1950, Nr. 4; Jaroslav Kubák: Topografie města Českých Budějovic 1540-1800. České Budějovice 1973; Václav Březan (Hrsg. Jaroslav Pánek): Životy posledních Rožmberků, I-II. Praha 1985; Karel Pletzer: Českobudějovická epizoda v životě Jindřicha Pouzara z Michnic. In: Výběr 30, 1993, S. 181-182; Jan Muk: Tvrz Cuknštejn u Nových Hradů. In: Castellologia Bohemica 3, 1993, S. 179-186; Jiří Úlovec: Tvrz v Michnici. In: Výběr 35, 1998, S. 1-13; Ders. und Koll.: Encyklopedie českých tvrzí, III. Praha 2005; Tomáš Sterneck: K majetkovému zázemí a domácnosti rytíře Petra Doudleb­ského z Doudleb. In: Husitský Tábor 14, 2004, S. 259-362.

Bildnachweis: Dr. Tomáš Sterneck, Budweis; Ernst Wohlschläger; Roman Josefik, Sonnberg; Miroslav Milec, Budweis.

 

Siehe auch Artikel in der Zeitschrift "Dějiny a současnost"/"Geschichte und Gegenwart" (PDF-Format) in 2011

von Dr. Tomáš Sterneck, Budweis

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